Logbuch

ERBFEINDSCHAFT.

Eine junge Studentin äußert sich zum Konflikt Israels mit der HAMAS und spricht von Unversöhnlichkeit; sie hat arabische Wurzeln und bezeichnet sich als Palästinenserin. Niemals werde man mit Juden zusammenleben können. Das junge Antlitz verzerrt sich. Von Todfeindschaft ist die Rede. Ich erschrecke und bin nachdenklich zugleich.

Unversöhnlichkeit über Generationen ist ein Kulturbruch, weil das ENDE VON POLITIK. Gleichzeitig weiß ich, dass mein Großvater väterlicherseits so über die Franzosen gedacht hat und sich zufrieden zeigte als Hitlers Flieger gen Paris flogen. Gegen den Erbfeind. Heute unvorstellbar. Ich streite nicht mit der Kommilitonin, weil eine Hochschule ein geschützter Raum ist, in dem man alles sagen darf. Ich weise sie nicht mal zurecht, was deutsche Staatsräson angeht; ein Fehler, finde ich nachträglich. Ich war zu erschreckt.

Eine Debatte um die Kriegsgründe hilft nicht, weil Kriegsgründe keine rationalen Einsichten, sprich Gründe sind. Sie sind immer ein Trivialmythos. Ich bin zudem dem mütterlichen Prinzip der Berta von Suttner verpflichtet, die ihre Kinder nicht zum Soldaten geboren haben will, damit sie die Kinder anderer Mütter töten. Trotzdem habe ich natürlich keine Äquidistanz zu den Kriegsparteien; aber das ist, wie Kipling sagt, eine andere Geschichte.

Politik heißt seine Einstellung ändern, um Kompromisse schließen können, ohne das Gefühl zu haben, seine Werte verraten zu haben. Der Krieg ist nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, sondern ihr Ende. Jeder Krieg ein Kulturbruch, auch der gerechte.

Logbuch

KLIENTELPOLITIK.

Ich bin Allopath. Das heißt, ich will, so krank, Mittel, deren Wirkung die Medizin „evidenzbasiert“ nachweisen kann. Schulmedizin, um das böse Wort zu sagen; kein Kräuter-Voodoo, keine Globuli.

Immer wieder ärgere ich mich über eine Apothekerin des Nachbardorfs, die mir bei Alltagsbeschwerden Mittelchen andrehen will, die der HOMÖOPATHIE zuzurechnen sind. Zur Vorsicht aufgerufen, sehe ich mir die Verpackung genauer an und weise das Mittelchen zurück, wenn es der obskuren Naturheilkunde entstammt. Gestern nun die Ansage, es handle sich hier um ein Mittel der ANTHROPOSOPHIE. Alter Schwede, jetzt auch noch Rudolf Steiner, der bourgeoise Waldorf-Spinner.

Die von mir künftig gemiedene Apothekerin verteidigt ihre Verkaufspraxis „over the counter“ damit, dass die homöopathischen Mittelchen zumindest nicht schaden. Das ist ernsthafter Grundsatz der Medizin und als solcher in Ordnung. Sie rühmt damit aber auch, dass ich mein Geld für Unsinn ausgegeben habe. Sie verweist aber auf Patientinnen, die auf die Voodoo-Pharmazie schwören. Der berühmte Placebo-Effekt: Heil durch Einbildung. Nun, man muss hoffen, dass diese Simulantinnen nichts Ernsthaftes haben.

Dies ist ein freies Land, jeder kann sein Geld verplempern, wie er will. Wenn der Aberglaube aber auf Kosten anderer finanziert wird, darf man genauer hinschauen. Das passiert, weil viele Krankenkassen wider besseres medizinisches Wissen den homöopathischen Unsinn erstatten. Aus Marketinggründen. Die Spinner kriegen ihre Mittelchen auf Kosten der Versichertengemeinschaft; wegen dem Placebo…

Jetzt wollte die SPD in der AMPEL den Unsinn beenden, ist aber auf den Widerstand der GRÜNEN gestoßen, in deren Wählerschaft viele auf die „Naturmedizin“ schwören. Dagegen habe ich eigentlich nichts; wer heilt, hat Recht. Mir ist lieber die Grünen schwören friedlich auf Globuli als militärisch auf Globalismus. Warum aber auf Kosten Dritter? Das ist der Kern grüner Politik: Heilsversprechen an die eigene Klientel mit bloßem Placebo-Effekt, aber auf Kosten der Allgemeinheit.

Das ist schon im Grundsatz politisch nicht mein Ding. Ich bin Allopath, auch in Fragen des Gemeinwesens. Solches hörte ich gern von meinem Vers.

Logbuch

HONEY TRAP.

In Westminster brodelt es, weil mehrere Herren mittels indiskreter Dokumente erpresst werden. Es geht wohl wieder um homosexuelle Abenteuer ordnungsgemäß mit Ladies liierter Lords. Man spricht von Honigfallen, ein Wort, das dem Spionage-Schriftsteller John Le Care geschuldet ist.

Ich habe diese schwule Subkultur erstmals mit klaren Augen gesehen, als ich in einem Club, dem Garret, auf meinen Gastgeber wartete, der sich schlanke drei Stunden verspätete. Man kommt da nicht rein, außer in Begleitung eines Mitglieds. Also saß ich in der Halle und wurde von den flanierenden Gentlemen beäugt, wohl weil für einen Stricher eindeutig zu alt.

Das Garret hat gerade eine Kommission eingesetzt, um die öffentlichen Forderungen abzuwehren, dass auch Frauen der Zutritt gewährt wird oder gar die Mitgliedschaft. Die Jungs hier sind alle in Internaten aufgewachsen, weil ihre Mütter sich ihrer entledigten, als die Infanten nicht mehr süß waren. Das sind keine koedukativen Einrichtungen, daher ist ihre Erfahrung mit Frauen nach der Pubertät gespalten zwischen sentimentalen Erinnerungen an die Kinderfrau („Nanny“), dem Mutterersatz der Kindheit, und den Armutsprostituierten hinter dem örtlichen Pub, die sie auf dem Parkplatz für kleines Geld zu Männern machten.

Von einem Internatskind in Deutschland weiß ich, dass die Insassen der elitären Knabenkasernen sich ein Leben lang am Blick erkennen. Wohl gemerkt, wir reden hier von der wirklichen Oberklasse, nicht von Heimkindern, denen ein bedauernswertes Schicksal ein familiäres Aufwachsen genommen hat. Die Ausflüge des englischen Gentleman aus guter Familie finden jedenfalls nicht im Femininen statt.

Entsprechend realitätsfern die Wahrnehmung der Mata Haris oder der Christine Keelers oder jedweder russischen Tausenddollarnutte. Man wähnt sie unwiderstehlich; historisch übrigens, weil ihnen eine Ausbildung in chinesischen Opiumbordellen unterstellt wurde. Siehe Wallis Simpson. Honigfallen also. Das Feministische Außenministerium der Frau Baerbock warnt in diesen Tagen vor spontanen Abenteuern in Moskau. Echt jetzt?

Schließen möchte ich mit einem Wort des Spionagechefs der DDR, dem Erfinder des ROMEO-Agenten, Markus Wolf. Der hatte sich vor Kritik verwahrt durch den Hinweis, dass er einen Geheimdienst zu führen hatte und keinen Club der Einsamen Herzen.

Logbuch

VERLOGENE VERLUSTANZEIGE.

„Ich bin der Welt abhandengekommen.“ Ein berühmtes Wort. Warum nur? Welch ein schwülstiger Quatsch, diese Weltflucht. Ob sie ihn jetzt wohl vermisst, die Welt?

Erstens eine Zufallszeile eines elenden Vielschreibers. Zweitens aus einem Buhlschreiben; er wollte eine Angebetete rumkriegen, der Herr Skribent. Drittens die notorische leere Drohung mit dem eigenen Tod. Viertens böhmisch vertont.

Es gibt ja große Stücke von Gustav Mahler. Aber seine LIEDER? Elend. Das ist vielleicht das Schlimmste, wie ein Tenor oder Bariton die Mahlersche Vertonung vorträgt: Iiiich binnn derrr Wäält abhandengekommen… Überhaupt sollte man Tenöre verbieten. Und Baritone. Liederabende, das ist so was von 19. Jahrhundert. Furchtbar.

Weltflucht also. Der Welt Gewimmel sei er entflohen. Und wohin? In sein Lied und seine Lieb. Man glaubt es nicht, der brünftige Troubadour. Was so ein Hormonstau alles anrichtet. Sentimentales Zeug. Also, der Beethoven war klasse gestern, der Schubert großartig. Und der Wein, ein Sauvignon Blanc, kalt genug und damit trinkbar. Dazu kleiner Schnittchenteller für 9,50€, kann man nicht meckern.

Wenn nur dieses „Ich bin der Welt abhandengekommen“ nicht gewesen wäre. Der Welt Gewimmel entflohen. Paaah. Ach so, und alles ohne Maske. Das lobe ich sehr. Endlich wieder ohne Maske in die Philharmonie. Also doch: Der Welt entflohen.

Zurück