Logbuch
YES CHEF!
Wenn einer das Sagen hat, dann ist er der Chef. Bei dem englischen Fernsehkoch Gordon Ramsay („fuck“) kann man sehen, dass in einer Küche die Brigade seine Ansagen mit einem lauten „Yes, Chef!“ beantwortet. Jede seiner Ansagen. Von jedermann. Die Küche als Modell der Welt.
Wie sieht das in einem Kabinett aus, der Mannschaft, die unser Land führt, jedenfalls die Politik? Von dem gescheiterten Kanzler Olaf Scholz wissen wir, dass die FDP-Köche in seinem Küchenkabinett nicht so besonders begeistert von seinen Führungsfähigkeiten waren und maulten. Darum hat er bei der Ampel das Licht ausgeschaltet und sich über die Renitenz seines Sous-Chefs Lindner öffentlich beklagt; ein klares Zeichen der Schwäche.
Der eigentliche Schwächling in der Ampel aber war der „Chef BK“, ein braver Hausmeier namens Wolfgang Schmidt aus Hamburg. Man sagt ihm nach, er habe sich stets bemüht. Eigentlich aber war er „lost in detail“. Der Chef des Bundeskanzleramtes ist der eigentliche „captain of the ship“, nicht nur in der Kombüse, auch auf der Brücke; auf ihn hört die Brigade. Übrigens ist er auch Geheimdienstkoordinator. Ich habe dort wahre Genies gesehen, ehrliche Buchhalter und veritable Trottel.
Meine Lieblingsmetapher für den „Leiter BK“ ist die, die sich den Engländer Sir Peter Mandelson unter Premier Tony Blair verdient hatte: „The Prince of Darkness“. Ich könnte jetzt einige der deutschen Tölpel mit Namen nennen, tue es aber nicht, weil ich bemerkt habe, dass alle ehemaligen BK-Chefs sich untereinander mit Respekt behandeln, egal welche Grütze sie gekocht haben, als noch im Amt.
Die wissen zu viel. Sie haben die dunkle Seite der Macht gesehen; das prägt, wenn Du jede Woche die Guillotine in den Hof ziehst, um einen Unschuldigen zu köpfen. Wer das nicht tut, weil er lieber Leckerlis verteilt, der sollte Bundespräsident werden, aber nicht Chef-BK. Alles klar? Did I make myself clear? Yes, Chef!
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DIE AUFTEILUNG DER WELT.
Man wundert sich über die Töne aus dem Reich der Neuen Rechten in den USA zur Rollenverteilung in der Welt. Die Fans der Tea Party klingen wie Wiedergänger längst vergangener Zeiten; sie klingen wie ihre eigenen Kolonialherren, von denen sie sich 1773 freimachen wollten. Das war ja wohl die Bostoner Tea Party. Aber Geschichte wiederholt sich; leider keine bloße Farce. Deshalb der Reihe nach.
In der kolonialen Weltsicht gibt es kein vielseitiges Miteinander der Völker dieser Erde. Es gibt den Rest der Welt nur als einen bunten Zoo, in dem man sich nach Herzenslust bedienen kann. Das Recht auf Ausbeutung beschränkt sich nicht auf exotische Früchte; es schließt die Bodenschätze ein und am Ende die Menschen als Sklaven. Gleichzeitig hat man immer schon seine Rolle als Kolonialherr verklärt. Am erfolgreichsten wohl die Engländer im Konzept des edlen und daher sanften Mannes, dem „gentleman“.
Dabei hat man nicht alles spätere Übel erfinden müssen; oft wurden nur örtliche Unarten zum System erhoben und zur Weltherrschaft gebracht. Das gilt für das Opium wie den Sklavenhandel. Man langte zu, weil man die fremde Welt so angelegt sah, als Gelegenheit zur Bereicherung. Was der Portugiese einmal in Händen hat, sagte ein Sprichwort, das gibt er niemals wieder her. Und der Moff!
Mynheer Peeperkorn ist eine literarische Figur bei Thomas Mann, übernommen aus einem gängigen Vorurteil seiner Zeit, dass die reichen Holländer ihren Wohlstand dem Gewürzhandel mit den Molukken verdankten. Das mag heute amüsant finden, wer am Sonntag vom Niederrhein oder aus dem Revier ins Nachbarland rüberfährt, um zu shoppen. Denn natürlich haben die Supermärkte dort am Sonntag auf. Die Moffen sind eine Nation der Händler und für ihre Geschäftstüchtigkeit bekannt.
Das begann schon zu Beginn des 17. Jahrhunderts, wenn nicht früher. Damals beherrschten die Welt zwei kleine Nationen, die Flamen und die Portugiesen. Sie brachten das Opium in die Welt, diese Drecksäcke. Ich lese SMOKE AND ASHES, eine Geschichte des Opiums, von einem kundigen Bengali verfasst, den ein Zorn auf die „Vereenigde Oostindische Compagnie“ treibt; der ostindische Gewürzhandel als Motor des Kolonialwarenhandels. Später steigen hier in großem Stil die Briten ein; die „confessions of the English opium eater“ werden Weltliteratur. Wir haben Zeugnisse von George Orwell und Rudyard Kipling, die beide vor Ort waren.
Opium diente eingangs zur Unterwerfung der dazu verführten Völker und dann als Handelsgut. Natürlich war es angenehmer, sein Schiff mit dem weißen Poppy-Gold zu beladen als mit Bergen von lebenden Leibern. Leider vergleicht mein Autor die Opiumkriege, die bis ins 18. und 19. Jahrhundert gingen, mit dem heutigen Vorgehen von Big Pharma. Das halte ich für überzogen. Aber so ganz sicher sein kann man nicht. Denn das Koloniale hatte immer eine doppelte Tugend: Die fürchterlichen Dinge draußen in der Welt zu tun und dabei zuhause gut auszusehen. Der Tee in der Tasse des Gentleman hat nie berichtet, wie er da wohl hinkam.
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QUAX DER BRUCHPILOT.
Unter den Schlapphüten (Nachrichtendienstler, Geheimagenten, Verfassungsschützer) da heißen die besonders wichtigen „Einflussagenten“, weil sie einen ebensolchen haben. Natürlich zählt dabei nicht der Bäcker von der Ecke oder der Kegelbruder, sondern nur eine hochgestellte Persönlichkeit. Sagen wir: der nächste Papst. Wer den näher kennt, der gilt was; weil er möglicherweise höheren Orts einen Einfluss hat. Oder, noch besser, schmuddelige Sachen aus der Sakristei weiß, die man noch mal zur Erpressung nutzen könnte.
Unter Journalisten gibt es dazu einen besonderen Wettbewerb. Sie sind nämlich alle berufsbedingt schizophren; sie wollen einerseits die Kritiker der Mächtigen sein, noch lieber aber geliebt werden und von deren Tisch essen. Viele geborene Speichellecker. Ich selbst habe nie einen Einfluss gehabt, aber einige Journalisten dieses Kalibers gekannt. Das geht mir durch den Kopf, da ein neuer Kanzler ins Amt kommt. Wer mag sich jetzt als Confident von Friedrich Merz in Pose werfen? Wer weiß wirklich kompromittierendes Zeug?
So hat mir mal ein Journalist, deutlich angeheitert in einem einschlägigen Strandrestaurant auf Sylt, erzählt, dass er mit der Konkubine des Kanzlers gut sei. Wohlgemerkt, nicht die Gattin war gemeint, sondern die Geliebte. Das ist lange her, der Kanzler schon unter der Erde, aber ich habe ihn, den Mann von Einfluss noch letzte Woche im Borchardt gesehen. Anderer Journalist, späterer Kanzler; man sei, behauptet er kühn, zusammen in México im Puff gewesen. Dolles Ding. Dönekes? Von Whisky-Willy will ich erst gar nicht anfangen, weil ich das nur dem Hörensagen nach kenne.
Von dem kommenden Kanzler kann man sich so was gar nicht vorstellen. Juristen stehen ohnehin im Verdacht, sich durch Zellteilung zu vermehren, allemal bei den Eingeborenen aus dem Sauerland. Dröge Dörfler. Womit wir bei der Frage wären, ob die kinderlose Merkel, Mutti nur dem Namen nach, Freunde unter den Journalisten hatte. Jedenfalls keine, die ihren vermeintlichen Lover kannten oder angeblich mit ihr im Puff waren; das halte ich für sicher. Bei näherem Hinsehen entdeckt man, dass gar keine Freunde von ihr bekannt sind, jedenfalls nicht unter Journalisten. Ein beachtlicher Befund.
Ich habe ihre Autobiografie nicht gelesen, aber mit einem Historiker geredet, der sich das angetan hat. Er berichtet von einer frugalen Ödnis, einer protestantischen Freudlosigkeit, die ihres gleichen suche. Fritze ist aber katholisch. Das wird also beim incoming boss anders sein. Quax in fidel. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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MYTHOS JOURNALISMUS.
Um eine Redaktion für eine Regionalzeitung wirtschaftlich betreiben zu können, muss der angestellte Redakteur im Durchschnitt 2,4 Artikel am Tag schreiben. Das erfahre ich gerade von einem alten Fahrensmann. Damit ist der Rahmen gesetzt, der für Recherchen bleibt.
Dem damit beschriebenen ökonomischen Problem konnten Verleger lange ausweichen, indem sie Schwarzarbeit zum Prinzip erhoben. Zwei Varianten: ich hebe Aufsätzchen von Laien ins Blatt, die sich als Betroffene gern gedruckt sähen. Oder ich nehme professionelles PR-Material herein, dass sich als Redaktionelles tarnt. Die Redaktion lasse ich obendrauf Agenturmeldungen kupfern oder aus Internetquellen weiteren Content zusammenstehlen. Aus diesem Brei wird ein Blatt.
Die Blätter sterben so nicht alle sofort, sie verfallen in Siechtum morbider Art, zu dem sich dann auch noch der Vertrieb meldet. Die Bedienung der Abos in schwachbesiedelten Räumen lohnt nicht mehr. Staatsknete willkommen. Sagen wir es klar: Das Geschäftsmodell ist im Arsch. Wenn Journalisten eine Zukunft haben, dann nicht mehr als Teil der holzverarbeitenden Industrie.
Online-Presse? Ach. Gelegentlich passiert es mir noch, dass ich mich von einem „cliffhanger“ anlocken lasse und nach drei Schritten vor einer Bezahlschranke hänge. Was für ein armseliges Geschäftsmodell. So werden Rheumadecken auf Kaffeefahrten an Rentner vertickt, aber doch bitte nicht die Erleuchtungen der Vierten Gewalt.
Es bleibt aber der Anspruch, mit der eigenen Wahrheit ein Correctiv der Wirklichkeit zu sein. Die gemeinnützigen Modelle, die der alten Überheblichkeit hier eine neue Zukunft geben sollen, kann ich nicht bewerten, da mir einige der dort agierenden Haltungsjournalisten als nicht satisfaktionsfähig erscheinen. Ja, es liegt sicher an mir, aber das ist mir schlicht nicht gegeben. Viel Glück.
Ich hab mir daher bei Elon einen blauen Haken gekauft und lasse den Sugardaddy meine privaten Daten ausspionieren. Dafür darf man dann dort spielen. Ich simuliere in Ein-Finger-Such-System mit natürlicher die künstliche Intelligenz, an der mich nichts, aber auch rein gar nichts fasziniert. Mir wäre nach einer Renaissance.